Die Planungen für die Zeit nach Beendigung des Zweiten Weltkriegs setzten ein, als sich ein nahendes Ende dieses verheerenden Konfliktes abzuzeichnen begann. US-Diplomaten hatten bis dahin eine wichtige Lektion verinnerlicht. Diesmal würde es keine Forderungen in Bezug auf ein Pochen auf die Begleichung von Waffenlieferungen und Reparationszahlungen geben.

Der Fokus würde auf dem Versuch einer Stabilisierung des globalen Finanzsystems liegen, und dies auf Basis von Gold, sowie sich an den Interessen von Gläubigern ausrichtenden Regeln. Ende der 1940iger Jahre hielten die Vereinigten Staaten rund 75% der weltweit verfügbaren Goldvorräte.

Auf dieser Basis wurde es dem US-Dollar ermöglicht, sich zur neuen Weltreservewährung auszuschwingen, die zu dem zuletzt im Jahr 1933 festgelegten Festpreis von $35 pro Feinunze frei in Gold konvertierbar sein würde. Einmal mehr zeichnete sich allerdings ab, dass Europas Zahlungsbilanzdefizite – wie schon in den 1920iger Jahren – hauptsächlich durch die USA finanziert werden müssten.

Ein Recycling von offiziell vergebenen Regierungskrediten musste mittels des IWF und der Weltbank vonstattengehen. Im Hinblick auf beide Institutionen sahen sich die Vereinigten Staaten als einzige Nation in der Welt dazu in der Lage, ein Veto gegen getroffene Beschlüsse einzulegen, die den nationalen Interessen des Landes entgegen liefen.

Der Fokus auf eine „Stabilisierung“ der internationalen Finanzwelt avancierte daraufhin zu einem Kontrollmechanismus, insbesondere dahingehend, das allein auf die Interessen der Gläubiger zugeschnittene Regelwerk mit aller Macht zu verteidigen. Um Gold oder Dollars zur Absicherung ihrer eigenen Geldsysteme zu erhalten, mussten sich andere Länder an den Handels- und Investitionsregeln der USA orientieren, die durch die US-Regierung vorgeben wurden.

Diese Regularien sahen eine Abtretung der Kontrolle über internationale Kapitalbewegungen sowie Restriktionen in Bezug auf Übernahmen durch Auslandsfirmen im Rohstoffsektor in den USA und anderen Sektoren vor, welche die US-Regierung als ihre eigene Domäne ansah. Gleiches galt für lokal ansässige Industrien und Banken. 

Im Jahr 1950 erwies sich das US-Dollarbasierte Weltwirtschaftssystem als immer unhaltbarer. Gold floss nach wie vor in die USA, was zu einer Stärkung des Dollaraußenwerts führte. Dies hielt so lange an, bis der Ausbruch des Koreakriegs die Entwicklung ins Gegenteil verkehrte. Von 1951 bis ins Jahr 1971 hinein leisteten sich die USA teils hohe Zahlungsbilanzdefizite, die sich fast gänzlich aus der Finanzierung von überseeischen Militäraktivitäten ableiteten. 

US-Staatsanleiheschulden bringen Goldstandard zu Fall

Die wachsenden Ausgaben für überseeische Militäraktivitäten, die dazu beitrugen, bis dahin in den USA gehortetes Gold wieder in Richtung Europa zurückfließen zu lassen, avancierten zu einer Flutwelle, als sich der Vietnam-Krieg ab dem Jahr 1962 in Asien ausbreitete. Das US-Finanzministerium hielt die Wechselkursrate des US-Dollars mittels Goldverkäufen zu $35 pro Feinunze in London auf einem stabilen Niveau. 

Schlussendlich stoppte der damalige US-Präsident Richard Nixon im Jahr 1971 diesen Goldausfluss, indem der Londoner Gold Pool geschlossen und die freie Konvertierbarkeit des US-Dollars in Gold aufgehoben wurde. Es gab keinen Plan im Hinblick auf die Geschehnisse, die darauf folgten. Die meisten Beobachter interpretierten die Absage an eine Kopplung des US-Dollars an Gold als Niederlage der Vereinigten Staaten. Diese Entscheidung versetzte der im Jahr 1944 konstruierten Nachkriegsfinanzweltordnung gewissermaßen ein jähes Ende.

Was als nächstes folgte, erwies sich jedoch als nichts anderes als eine Umkehr der Niederlage. Sich nicht mehr länger dazu in der Lage sehend, Gold ohne harsche Kritik und Ablehnung aus Washington nach dem Jahr 1971 zu kaufen, machten Notenbanken rund um den Globus nur noch eine Vermögenswertanlage aus, mittels der es die eigenen Zahlungsbilanzüberschüsse zu recyceln galt: US-Staatsanleihen.

Diese Sicherheiten erwiesen sich ab diesem Zeitpunkt nicht mehr länger als ebenso „gut wie Gold“. Die Vereinigten Staaten emittierten diese Papiere willkürlich, um stark wachsende Budgetdefizite in der Heimat zu finanzieren. Der schnelle Wechsel von Gold zu den durch das amerikanische Zahlungsbilanzdefizit aus dem Gleichgewicht gebrachten US-Dollar legte das Fundament dafür, dass das globale Geldsystem fortan durch die Militärrausgaben der USA dominiert wurde.

Eine Flutung ausländischer Zentralbanken mit überschüssigen US-Dollars hielt in diesem Zuge an. Amerikas Zahlungsbilanzdefizit lieferte fortan die notwendigen US-Dollars, die das heimische Budgetdefizit wie auch die Kreditschöpfung von US-Banken finanzierten, während ausländische Zentralbanken damit fortfuhren, die überseeischen Militärausgaben der USA in Form von US-Staatsanleihen zu recyceln.

Tatsache ist, dass ausländischen Nationen auf diese Weise eine Steuer auferlegt wurde, ohne über eine demokratisch legitimierte Repräsentation und Entscheidungsgewalt zu verfügen, auf welche Weise deren Kredite an das US-Finanzministerium verwendet würden. Europäische Zentralbanken waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht darauf vorbereitet, eigene Staatsfonds ins Leben zu rufen, um die eingehende US-Dollarflut in Form von ausländischen Aktien oder direkten Beteiligungen an Unternehmen zu recyceln.  

Diese Länder nutzten ihre Handels- und Zahlungsbilanzüberschüsse lediglich dazu, um das amerikanische Budgetdefizit zu finanzieren. Das US-Finanzministerium sah sich auf diese Weise wiederum dazu in der Lage, die heimischen Steuersätze zu senken, was insbesondere auf die obersten Einkommensklassen zutraf. Der monetäre Imperialismus der Vereinigten Staaten konfrontierte sowohl Europas als auch Asiens Zentralbanken mit einem Dilemma, das bis in die heutige Zeit anhält.

Wenn diese Zentralbanken aufhörten, auf Basis des US-Dollars denominierte Anlage- und Vermögenswerte zu kaufen, würden ihre eigenen Währungen gegenüber dem US-Dollar im Außenwert deutlich ansteigen. Der anhaltende Erwerb von US-Staatsanleihen erweist sich für diese Notenbanken als einzig praktikabler Weg, um ihre eigenen Wechselkursraten zu stabilisieren.

Dieser Philosophie nach wie vor folgend, wird der Versuch unternommen, eine Verteuerung der eigenen Exporte auf US-Dollarbasis samt Auspreisung aus den US-Dollarmärkten mit allen Mitteln zu verhindern. Die allgemeine Aufmerksamkeit richtete sich bald schon auf die Erdöl exportierenden Nationen dieser Welt. Nachdem die USA ihre Getreideexportpreise nur kurz nach Aufgabe des Goldstandards im Jahr 1971 vervierfachten, antworteten die Erdöl exportierenden Nationen darauf ihrerseits mittels einer Vervierfachung der Ölpreise.   

Ich wurde im Rahmen einer Zusammenkunft im Weißen Haus zur damaligen Zeit darüber informiert, dass US-Diplomaten Saudi-Arabien und andere arabische Staaten haben wissen lassen, dass diese Länder für ihr Öl so viel aufrufen könnten, wie sie wollten. Die USA hätten es jedoch als einen kriegerischen Akt angesehen, wenn diese Nationen ihre Erdöleinnahmen nicht mehr in Form von US-Dollarbasierten Vermögenswerten recycelt hätten.

Es wurde der Punkt erreicht, an dem sich das internationale Finanzsystem als extrem extraktiv erwies. Doch es dauerte noch bis zum Jahr 2009, bis der erste Versuch unternommen wurde, sich diesem System schlussendlich zu entziehen. Damals kam es zu einer durch die Shanghai Cooperation Organization (SCO) abgehaltenen Konferenz im russischen Jekaterinburg.

Die dort versammelten Staatsdelegationen setzten sich aus Russland, China, Kasachstan, Tadschikistan, Kirgistan und Usbekistan zusammen, während Delegationen des Irans, Indiens, Pakistans und der Mongolei Beobachterstatus zugesprochen wurde. US-Offizielle ersuchten die SCO ebenfalls darum, an dem Treffen als Beobachter teilnehmen zu dürfen. Doch deren Ersuchen wurde abgelehnt.

Antwort der US-Regierung auf diesen „Affront“ war, den neu einsetzenden Kalten Krieg bis in den Finanzsektor hineinzutragen. In diesem Zuge wurden die Regelwerke im Hinblick auf das internationale Finanzwesen umgeschrieben, um den USA und deren Satellitenstaaten auf dieser Basis Vorteile vor allen anderen zu verschaffen. Gleichzeitig wird seitdem der Versuch unternommen, andere Nationen daran zu hindern, sich aus dem bestehenden System zu lösen und den amerikanischen „Finanzfreifahrtschein“auf diese Weise einzukassieren. 

Der IWF ändert sein Regelwerk, um Russland und China zu isolieren

Das Ziel verfolgend, sowohl Russland als auch China international zu isolieren, hat die auf Konfrontation setzende Diplomatie der Obama-Administration dazu geführt, die etablierten Bretton-Woods-Institutionen verstärkt unter die Kontrolle der der Vereinigten Staaten und der NATO zu bringen.

Diese Strategie weiter verfolgend, lässt sich ein daraus resultierender Bruch im Hinblick auf die seit Ende des Zweiten Weltkriegs bestehende Weltfinanzordnung beobachten. Die Pläne der Vereinigten Staaten sahen vor, der russischen Wirtschaft einen solch schweren Schaden zuzufügen, dass er das Land reif für einen Regimewechsel beziehungsweise eine „Farbenrevolution“ gemacht hätte.

Doch Russland konterte diesen Plan leichterdings mittels einer verstärkten Ausrichtung nach Osten – somit weg von Westeuropa –, um langfristige Wirtschafts- und Geschäftsbeziehungen  mit China und Zentralasien einzufädeln. Europa dahingehend immer unter Druck setzend, die eigenen Gaskäufe in Richtung von US-Allianzpartnern zu verlagern, haben die seitens der USA verhängten Sanktionen sowohl Europas Handel als auch Europas Investitionen in China und Russland gestört.

Gleichzeitig blicken Europas Bauern, andere Exporteure und Investoren auf einen Wegfall von Märkten, während Europa auf eine Flutwelle von Flüchtlingen aus den postsowjetischen Ländern, die im Lauf der vergangenen Jahre mehr und mehr in die Umlaufbahn der NATO hineingezogen wurden, blickt. Seit 2014 hat sich auch die Ukraine zu diesen Staaten hinzu gesellt.      

Was eine Änderung des IWF-Regelwerks aus Sicht der US-Strategen unabdingbar machte, war der erklärte Zahlungsausfall der ukrainischen Regierung in Höhe von $3 Milliarden gegenüber Russlands nationalem Vermögensfonds im Dezember 2014. Bis dahin hatte der IWF laut Satzung keine Kredite an Nationen vergeben dürfen, die gegenüber Drittstaaten einen Zahlungsausfall erklärten.

Die Änderung des IWF-Regelwerks erfolgte vordergründig zum Schutz von veritablen Finanzinteressen der US-Regierung, die für Gewöhnlich eine tragende Rolle im Konsortium mit anderen Regierungen und in den USA ansässigen Banken spielte. Doch unter dem Druck der USA sah sich der IWF dazu veranlasst, sein Regelwerk im Januar 2015 zu ändern.

Seitdem kündigte der IWF an, in der Zukunft tatsächlich dazu bereit zu sein, Staaten auch weiterhin mit Krediten beizustehen, die sich gegenüber anderen Regierungen in einem Status des Zahlungsausfalls befinden. China, Russland und eine Reihe von anderen Staaten haben US-Geostrategen inzwischen zu den langfristig bedeutendsten Gegenspielern auserkoren, die US-Finanzkämpfer unter aller Voraussicht zu isolieren versuchen, um ihre neoliberale Agenda einer Privatisierung von Staatsvermögen auch zukünftig weiterverfolgen zu können.

Hier geht es zu zum ersten Teil des Berichts.

Gastbeitrag Amerikas monetärer Imperialismus – Teil 2 für CK*Wirtschaftsfacts / © 2017 Michael Hudson via Counterpunch.org

Beitrag senden

Drucken mit Kommentaren?



href="javascript:print();"